Die Gedanken sind frei
Posted on juillet 31st, 2011 by KlappersteinDie Gedanken sind frei ist ein berümhtes deutsches Volkslied, das im Elsass noch heute ziemlich bekannt ist. Die Elsässer, die noch heute dieses Lied singen, haben doch die Gewohnheit angenommen, französische Strophen hinzuzufügen. Sie finden es sicherlich gut, que c’est plus chic, en français zu singen.
Es sei denn, sie fürchten sich davor, ein Lied vollständig auf Deutsch zu singen, weil es verdächtig sei, weil man Ihnen irgendwelche böse Gedanken unterstellen könnte. Als ob man unter Verdacht stünde, seine eigene Sprache in seinem eignen Land zu singen.
Was uns betrifft, sind die Sachen klar, und es bleibet dabei : die Gedanken sind frei ! UH
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Die Gedanken sind frei – Im Hubbes sini Kumbel
- Die Gedanken sind frei
- wer kann sie erraten?
- Sie ziehen vorbei
- wie nächtliche Schatten.
- Kein Mensch kann sie wissen,
- kein Jäger erschießen
- mit Pulver und Blei:
- Die Gedanken sind frei!
- jjjjj
- Ich denke, was ich will
- und was mich beglücket,
- doch alles in der Still’
- so wie es sich schicket.
- Mein Wunsch und Begehren
- kann niemand verwehren,
- es bleibet dabei:
- Die Gedanken sind frei!
- fffff
Und sperrt man mich ein
im finsteren Kerker,
das alles sind rein
vergebliche Werke.
Denn meine Gedanken
zerreißen die Schranken
und Mauern entzwei:
Die Gedanken sind frei!
http://blog.unsri-heimet.eu/wp-content/uploads/2011/06/19-Die-Gedanken-sind-frei.mp3 (pour écouter, clic droit, ouvrir le lien dans un nouvel onglet)
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oGeschichte und Bedeutung des Liedes
Um 1780 wurde der Text zum ersten Mal auf Flugblättern veröffentlicht. Im Zeitraum zwischen 1810 und 1820 entstand die Melodie dazu, und das Lied wurde in der Sammlung „Lieder der Brienzer Mädchen“ in Bern gedruckt. Im Jahr 1842 wurde das Lied in „Schlesische Volkslieder“ von Hoffmann von Fallersleben und Ernst Richter veröffentlicht.
Die grundlegende Philosophie ist bereits aus der Antike bekannt(1). Das Kernmotiv des späteren Liedtextes findet sich schon im 13. Jahrhundert unter anderem bei Freidank(2) und Walther von der Vogelweide(3).
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Immer wieder war das Lied in Zeiten politischer Unterdrückung oder Gefährdung Ausdruck für die Sehnsucht nach Freiheit und Unabhängigkeit.
Im 19. Jahrhundert wurde das Lied im deutschen Sprachraum zur Einforderung akademischer Freiheit und Meinungsfreiheit nach den Karlsbader Beschlüssen insbesondere von Studentenverbindungen gesungen; es gehört seither verbändeübergreifend zum Kernbestand deren Liedgutes.
Der Vater Sophie Scholls wurde Anfang August 1942 wegen hitlerkritischer Äußerungen inhaftiert. Sophie Scholl stellte sich abends an die Gefängnismauer und spielte ihrem dort einsitzenden Vater auf der Flöte die Melodie vor.
Am 9. September 1948, auf dem Höhepunkt der Berliner Blockade, hielt Ernst Reuter vor über 300.000 Berlinern vor der Ruine des Reichstagsgebäudes seine Rede, in der er an „die Völker der Welt“ appellierte, die Stadt nicht preiszugeben. Nach dieser Rede erklang spontan aus der Menge u. a. das Lied „Die Gedanken sind frei“. Auch in der tagespolitischen Auseinandersetzung gegen staatliche Überwachung und Restriktion wird das Lied häufig gesungen.*
(1) Cicero: Liberae sunt nostrae cogitationes – Unsere Gedanken sind frei (2) Bescheidenheit, 1229 : diu bant mac nieman vinden, diu mîne gedanke binden, man vâhet wîp unde man, gedanken niemen gevâhen kan (3) Lied der Neuen Hohen Minne : joch sint iedoch gedanke frî – Sind doch Gedanken frei
Tags: auf Hochdeutsch, Bern, Ernst Richter, Freidank, Hoffmann von Fallersleben, Liederbrunne, Sophie Scholl, Walther von der Vogelweide